Bundesliga-Helden im Portrait: Teil 13 mit Almog Cohen

Almog Cohen beim Boxtraining

Bundesliga-Helden im Portrait: Teil 13 mit Almog Cohen

26. Juni, 2016 12.00 Uhr

Er ist einer der zweikampfstärksten Spieler der Schanzer: Almog Cohen bringt viel Physis in das Spiel der Schanzer und ist somit wichtiger Bestandteil des Profiteams des FC Ingolstadt 04. Abseits des Platzes hat der lebensfrohe Israeli auch eine ernste Seite. Im Interview mit dem Schanzer Bladdl trafen wir den 27-Jährigen bei seinem besonderen Hobby und sprachen mit ihm unter anderem über Religion, Boxtraining und seine Erfahrungen in der Fußball-Bundesliga.
fci.de: Servus Almog, wir treffen dich hier im Box Gym. Das ist ja eher ein außergewöhnliches Hobby für einen Profifußballer. Seit wann begeisterst du dich fürs Boxen bzw. Kickboxen und was fasziniert dich an der Sportart?

Almog Cohen: Ich interessiere mich schon sehr lange fürs Boxen. Seit den letzten fünf, sechs Jahren schau ich mir auch regelmäßig Kämpfe im TV an. Angefangen hat es mit dem Kampf von David Haye gegen Wladimir Klitschko. Seitdem verfolge ich viele Kämpfe – zuletzt natürlich den Kampf zwischen Floyd Mayweather unter Manny Pacquiao. Seit einiger Zeit schaue ich mir auch die UFC-Fights an. Seitdem ich selbst angefangen habe, Kickboxen zu lernen, liebe ich es noch mehr.

fci.de: Spielt dabei auch die ganzheitliche Fitness eine Rolle?

Cohen: Es ist ein sehr physischer Sport, aber du musst dabei auch mental sehr stark sein. Man braucht dafür nahezu jeden Muskel im Körper. Durch das Training fühle ich mich noch stärker. Man dehnt dabei auch viel seine Muskulatur und stabilisiert seinen Körper. Das gefällt mir sehr.

fci.de: Was sind deine Stärken? Wo musst du dich noch beim Kickboxen verbessern?

Cohen: Ich bin ja noch Anfänger, will mich deshalb überall verbessern und muss noch viel lernen. Aber ich bin total motiviert und genieße das Training sehr. Es ist klasse zu sehen, wie man sich von Training zu Training steigern kann.

fci.de: Schaust du dir auch privat Box- und Kickboxevents an?

Cohen: Aus meiner Zeit in Nürnberg kenne ich den Weltmeister Alexander Awdijan. Wir sind mittlerweile gut befreundet und ich war natürlich bei dem ein- oder anderen Event, um ihn kämpfen zu sehen. Das letzte Mal war ich vor einem Jahr dabei. Ich gehe gerne zu solchen Kämpfen. Ende März wird es wieder ein Box-Event geben – da schaue ich auf jeden Fall wieder zu.

fci.de: Was machst du sonst gerne in deiner Freizeit?

Cohen: Die meiste Zeit spiele ich Tennis oder ich gehe zum Kickboxen. Natürlich verbringe ich viel Zeit mit meiner Frau und meinen beiden Kindern. Im Winter gehe ich lieber zum Boxen, während ich im Sommer lieber Tennis spiele. Auch in meiner Freizeit spielt Sport also auch eine große Rolle.

fci.de: Beim Sport powerst du dich immer aus. Man sieht, dass du immer 100 Prozent gibst. Ist dein Glaube deshalb für dich auch so wichtig, um in der Religion zur Ruhe zu kommen?

Cohen: Das kann man so sagen. Die Religion hat mir vor allem im vergangenen Jahr extrem geholfen, mein Bewusstsein zu erweitern. Ich bin überzeugt davon, dass man immer 100 Prozent geben muss, wenn man etwas im Leben erreichen möchte. Den Rest kann man nicht beeinflussen, sondern der liegt in Gottes Hand. Wenn man aber nicht alles reinlegt, hat man keine Chance. Man muss immer hart an sich arbeiten. Ich glaube fest daran, dass am Ende des Tages harte Arbeit alles schlägt. Dann wird man alles schaffen – unabhängig davon ob man ein junger Mensch, Erwachsener, Vater, oder Opa ist. Natürlich braucht man dafür auch den Glauben. Denn wenn man 1.000 Mal fällt, muss man den Glauben haben, das 1.001. Mal wieder aufzustehen. Diese Menschen sind für mich Gewinner. Denn man kann immer hinfallen. Wichtig ist nur, dass man wieder aufsteht und sich von Rückschlägen nicht vom Weg abbringen lässt sondern aus diesen Erfahrungen lernt und daran wächst.

fci.de:
Wie wichtig ist dir Religion generell? Spielt der Glaube auch in deinem Alltag eine Rolle?

Cohen: Meine Religion ist mir sehr wichtig. Ich glaube daran, dass viele Dinge durch Gott geschehen und dir Gott alles gibt. Deshalb müssen wir ihm auch für alles danken, was er für uns getan hat. Aus diesem Grund halte ich auch nichts in meinem Leben für selbstverständlich. So bedanke ich mich bei Gott jeden Morgen wenn ich aufwache dafür, dass ich gut geschlafen habe und wieder aufgewacht bin. Bevor ich esse, danke ich Gott für das Mahl, welches ich zu mir nehmen kann. Genauso mache ich das mit dem Wasser, welches ich trinke. So bin ich auch dankbar dafür, dass ich Fußball spielen kann und jeden Tag das tun kann, was ich liebe. Ich habe eine Tochter, einen Sohn und eine wunderbare Ehefrau – ich bin ein glücklicher Mann!

fci.de:
Du ernährst dich auch koscher. Was beinhaltet das genau und wie organisierst du das in deinem täglichen Leben? Gerade wenn du mit dem Team unterwegs bist?

Cohen: Als Koscher bezeichnet man Lebensmittel die nach den jüdischen Speisegesetzen erlaubt sind. Für den Verzehr von Fleisch heißt das, dass Kühe, Ziegen und Schafe erlaubt sind. Alle anderen Tiere wie Schweine oder Hasen sind verboten. Bei Geflügel sind nur Hausvögel erlaubt, die rituell, jüdisch geschlachtet wurden: Hühner, Enten, Truthähne, Gänse und Tauben. Es geht darum, dass die Schlachtung der Tiere hier anders abläuft. Es gibt ein Geschäft in Frankfurt, bei dem ich mir diese Lebensmittel bestelle. Ich bin meiner Frau sehr dankbar, dass sie mich hier tatkräftig unterstützt. Sie kocht mir für jeden Freitag und Samstag ein paar Gerichte vor, die ich dann mitnehmen kann, wenn ich mit dem Team in Hotels bin. Sie achtet dabei nicht nur auf koscheres Essen sondern auch darauf, dass das Essen mir Kraft für die Spiele gibt. Das ist schon harte Arbeit und das weiß ich sehr zu schätzen.

fci.de:
Erziehst du deine Kinder auch religiös?

Cohen: Um ehrlich zu sein, nein. Meine Frau ist auch nicht so religiös wie ich. Es ist meine Überzeugung, dass der Glaube bei einem Menschen aus dem Inneren kommen muss. Es macht keinen Sinn, dies jemandem aufzuzwingen. Ich kann meinen Kindern zum Beispiel nur zeigen, wie glücklich ich mit meiner Religion bin. Sie werden dann mit der Zeit selbst entscheiden, welchen spirituellen Weg sie einschlagen wollen. Ich respektiere auch die Haltung meiner Frau. Ich liebe meine Familie und wir versuchen unsere Kinder so gut wie möglich zu erziehen.

fci.de: Man sieht, dass du – wenn du den Fußballplatz betrittst – ein Gebet sprichst. Welche Gedanken gehen dir hier durch den Kopf?

Cohen: In diesem Moment bedanke ich mich bei Gott für alles, was er für mich tut. Natürlich möchte ich gewinnen, aber egal wie das Spiel ausgeht – ich werde immer dankbar sein. Ich bete dafür, das Spielfeld nach einem Spiel wieder unverletzt verlassen zu können. Vor und nach diesem kurzen Gebet pushe ich mich mit einigen Gedanken, die ich lieber für mich behalten möchte. Nur so viel: Ich visualisiere hier einige Szenen und Gefühle aus der Vergangenheit, die mich extrem motivieren. Dazu rufe ich mir besonders schmerzhafte Niederlagen oder großartige Siege in Erinnerung. Da schwöre ich mich selbst darauf ein, dieses Gefühl der Niederlage nicht mehr erleben zu müssen bzw. den Triumph erneut zu erleben. Wenn ich auf den Platz gehe, möchte ich explodieren!

fci.de:
In wieweit hat dir die Religion auch in den Phasen deiner Verletzungen geholfen?

Cohen: In den letzten Jahren ist mein Glaube immer stärker geworden. Aber in der Phase meiner letzten größeren Verletzung habe ich viel über mich selbst gelernt. Deshalb muss ich ehrlich sagen, dass ich sogar für diese Verletzung sehr dankbar bin. Denn danach habe ich viele Dinge in meinem Leben geändert. Es war eine harte Zeit, aber ich bin heute sehr glücklich, diese Phase durchgestanden zu haben. Ich fühle mich in der physischen Form meines Lebens. Meine Einstellung hat sich durch die Verletzung geändert. Ich habe mir während der Reha geschworen, dass ich in Zukunft jeden Tag Vollgas geben werde, um mich jeden Tag zu verbessern und ein besserer Mensch zu werden. Vor allem wollte ich diese Zeit mit dem Team im Training und während der Spiele bewusster genießen. Ich habe mir vorgenommen, nie zufrieden zu sein sondern jeden Tag alles reinzulegen, was ich habe.

fci.de: Beliebt bist du auch aufgrund deines Humors. Bist du gerne einer der Spaßvögel in der Mannschaft?

Cohen: Ich denke ehrlich gesagt nicht darüber nach, ob ich der Spaßvogel in der Mannschaft bin. Das ist nichts, was ich bewusst mache. Es entstehen einfach immer wieder witzige Situationen. Ich mag es beispielsweise sehr gerne, in der Kabine zu singen. Aber oft fehlen mir die Liedtexte und ich kreiere meine eigenen Lyrics zu dem Song. Das sorgt oft für Gelächter bei den Jungs. Wir haben wirklich ein großartiges Team. Das habe ich so noch nie erlebt. Unser Teamspirit ist schon etwas Besonderes. Wir haben alle einen Traum. Das ist der Klassenerhalt. Dem ordnen wir alles unter.

fci.de:
Glücklicherweise bist du derzeit topfit und hast schon einige Spiele für die Schanzer in der Bundesliga absolvieren können. Was ist das für ein Gefühl in diesen großartigen Arenen wie in München, Hamburg oder Dortmund zu spielen?

Cohen: Ich habe mit Nürnberg ja schon in diesen Arenen gespielt. Trotzdem fühlt es sich in dieser Saison anders an. Denn damals war ich dafür nicht so dankbar wie heute. Ich genieße unsere Bundesligasaison sehr. Dafür arbeiten wir als Profis, um diese Spiele zu erleben.

fci.de:
Deine Rückennummer 36 bedeutet dir sehr viel. Stimmt das?

Cohen: Die Zahl 18 bedeutet den Menschen in Israel und den Juden sehr viel. Denn die 18 steht für das Leben. Somit habe ich in der 36 das Leben zwei Mal (lacht). Im Ernst: Die 36 hat durchaus Bedeutung für mich. Allerdings gibt es einige andere Zahlen, die mir etwas bedeuten. Ich habe mit der 36 einfach ein gutes Gefühl und bin damit glücklich.

fci.de: Eine deiner großen Stärken ist deine Sprungkraft. Kommt diese auch vom Boxtraining?

Cohen: Unser Fitness- und Athletiktrainer Jörg Mikoleit hat hier während meiner Reha sehr hart und intensiv mit mir daran gearbeitet. Das ist das Ergebnis meines Strebens, mich jeden Tag immer weiter zu verbessern. Da geht es nicht nur um die Sprungkraft sondern auch um andere Dinge wie das Passspiel, meine Laufarbeit oder physisch stärker zu werden. Ich bin eigentlich nie zufrieden mit mir. Ich möchte die beste Version von mir selbst sein. Dafür arbeite ich.

fci.de:
Du bist ein sehr physischer Spieler. Woher kommt deine Liebe für Zweikämpfe?

Cohen: Das kommt aus meinem Inneren. Ich kann das gar nicht richtig beschreiben, aber ich genieße jeden Zweikampf. Das macht mir großen Spaß. Wenn ich keine 20, 30 Zweikämpfe im Spiel führe, fühle ich mich nicht gut. Da geht es auch nicht darum, unbedingt jedes direkte Duell für sich zu entscheiden. Es geht darum, den Gegner unter Druck zu setzen und zu stören. Natürlich sehe ich auch manchmal, dass ich den Zweikampf gar nicht gewinnen kann. Aber ich werfe trotzdem alles rein, weil mein Nebenmann dadurch dann vielleicht den Ball erobern kann. Ich möchte meiner Mannschaft und meinen Teamkollegen helfen. Darum geht es.