Seit November 2021 als Geschäftsführer bei den Schanzern im Amt: Dietmar Beiersdorfer (Foto: Bösl / KBUMM)
„Klare Entscheidungen & nachhaltiger Weg“: Dietmar Beiersdorfer über Strategie, Herausforderungen und Chancen
Am Dienstagabend (22.07., 18:30 Uhr) startet mit der 1. Runde im Toto-Pokal die neue Pflichtspiel-Saison für den FC Ingolstadt 04. Zuvor ordnet Geschäftsführer Dietmar Beiersdorfer im Interview mit fci.de die momentane Situation ein, spricht dabei über den aktuellen Kurs, die Herausforderungen sowie die Möglichkeiten der Schanzer.
fci.de: Didi, der Sommer bringt viele Veränderungen mit sich – auf und neben dem Platz. Wie beschreibst du die aktuelle Lage des FC Ingolstadt 04?
Dietmar Beiersdorfer: Wir befinden uns in einer Phase der Neuausrichtung, die wir bewusst und strategisch gestalten. Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen in der 3. Liga sind für viele Klubs eine Herausforderung – für uns ebenfalls. Wir gehen damit offen um, treffen klare Entscheidungen und wollen einen nachhaltigen Weg einschlagen. Dieser basiert auf wirtschaftlicher Verantwortung, sportlicher Substanz und dem festen Willen, unseren Verein weiterzuentwickeln – gemeinsam, geschlossen und mit einem klaren Plan.
fci.de: Was bedeutet das konkret für die Kaderplanung?
Beiersdorfer: Wir haben in der aktuellen Transferperiode vier Spieler transferiert, die in den vergangenen Jahren tragende Rollen bei uns eingenommen haben. Deniz Zeitler, ein Eigengewächs mit außergewöhnlichem Potenzial, wechselt zur TSG 1899 Hoffenheim in die Bundesliga. Felix Keidel, ebenfalls sehr lange in unserem Nachwuchs ausgebildet, geht in die 2. Bundesliga zur SV Elversberg, die fast in die erste Liga aufgestiegen wäre. Mladen Cvjetinovic zieht es in den Norden zu Holstein Kiel, ebenfalls in die zweite Liga, und Benjamin Kanuric nutzt die Chance auf einen Schritt ins Ausland nach Portugal. Diese Transfers ergeben für uns auch aus finanzieller Perspektive Sinn, weil wir von ihrer positiven Leistungsentwicklung profitieren – das ist eine Auszeichnung für die geleistete Arbeit beim FCI. Gepaart mit den neuen Herausforderungen und Chancen in höheren Ligen für die genannten Spieler bildet das die Basis unserer Kaderentscheidungen. Darüber hinaus sind noch zahlreiche weitere verdiente Spieler gegangen, deren Verträge mehrheitlich ausgelaufen waren oder mit denen wir gute gemeinsame Lösungen gefunden haben, damit sie ihren sportlichen Weg bei anderen Vereinen erfolgreich fortsetzen können. Auch das ist ein wesentlicher Baustein einer verantwortungsvollen Kaderplanung, die sportliche und wirtschaftliche Aspekte in Balance bringen muss.
fci.de: Inwiefern schmerzen die Abgänge von Spielern, die so viele Jahre für uns auf dem Rasen standen?
Beiersdorfer: Natürlich verbindet Felix und Deniz enorm viel mit ihrem Jugendklub – und uns mit ihnen beiden. Sie haben die gesamte fußballerische und persönliche Ausbildung hier bei uns durchlaufen und dann ziemlich schnell den Sprung in den Profifußball geschafft. Wir hätten sie aufgrund ihrer sportlichen Relevanz und Identifikation mit dem FCI sehr gerne gehalten. Gleichzeitig ist es auch unsere Aufgabe, uns bei validen Angeboten aus höheren Ligen ernsthaft damit auseinanderzusetzen. Die Gespräche im Rahmen der Transfers waren offen, wertschätzend und freundschaftlich. Wir werden ihren Weg auf der nächsten Entwicklungsstufe genau verfolgen und gerne an die gemeinsame Zeit zurückdenken.
fci.de: Welche Richtung gebt ihr mit dem veränderten Kader vor?
Beiersdorfer: Es geht uns darum, eine Mannschaft zu formen, die in sich stabil ist, Leistungen auf einem möglichst konstant hohen Level zeigt, einen Wiedererkennungswert hat und Entwicklungspotenzial mitbringt. Wir wollen eine klare Identität – sportlich wie charakterlich. Gerade in Zeiten reduzierter Mittel, einer gesamtheitlichen Budgetkürzung um rund 25 Prozent, ist es umso wichtiger, sehr gezielt zu arbeiten. Vor diesem Hintergrund ist aus dem geplanten L-Umbruch zugegebenermaßen eher ein XL-Umbruch geworden, wobei bedacht werden muss, dass wir die Kadergröße bewusst um mehrere Spieler verkleinern. Wir haben auch eine etwas andere Ausrichtung im Hinblick auf internationale Profile gewählt und beziehen skandinavische Länder stärker in unsere Kader- und Transferplanung ein. Zum einen, weil sie uns – wie Tobias Bech oder Sebastian Grønning – sehr gut zu Gesicht standen, zum anderen auch, weil Spieler aus diesen Regionen oft genau die Eigenschaften mitbringen, die sehr zu uns passen und die wir weiter festigen wollen: Lernwille, Teamfähigkeit, Begeisterung, Bodenständigkeit, hohe Integrationsbereitschaft und wirtschaftliche Machbarkeit.

fci.de: Und welche Rolle spielt der eigene Nachwuchs in diesem Konzept?
Beiersdorfer: Eine ganz zentrale. Der Weg aus dem Nachwuchsleistungszentrum in den Profibereich ist bei uns keine Ausnahme, sondern essenzieller Teil unserer Philosophie. Wir wollen aus Jungschanzern Schanzer machen. In diesem Sommer rücken mit David Klein, Davide Sekulovic, Berkay Öztürk, Emre Gül und Ognjen Drakulic gleich mehrere Jungschanzer in den Profikader auf. Außerdem waren weitere Nachwuchsspieler gerade mit im Trainingslager in Latsch und konnten sich in den Trainingseinheiten und Testspielen zeigen. Dass insbesondere diese Spieler nicht sofort auf dem Niveau erfahrener Profis sind, ist vollkommen logisch. Gleichwohl hilft es ihnen enorm, die Anforderungen auf höherem Level hautnah kennenzulernen und daran zu wachsen. Mit Max Plath und Elias Decker waren darüber hinaus bereits in der letzten Saison zwei weitere große Talente fester Bestandteil der ersten Mannschaft. Das zeigt: Wir meinen es ernst. Für uns ist klar: Wer bei uns ausgebildet wird, trägt die DNA des FCI in sich und hat die realistische Chance darauf, bei uns Profi zu werden. Dass wir dabei keineswegs unter dem Radar laufen, zeigen die letztjährigen drei U19-Nationalspieler Elias Decker, Deniz Zeitler und David Klein eindrücklich. Das ist außergewöhnlich für einen Klub in der 3. Liga.
fci.de: Wie fügt sich Cheftrainerin Sabrina Wittmann in diese Struktur ein?
Beiersdorfer: Sabrina hat sich in ihrer ersten vollständigen Saison im Profibereich mit großer Überzeugung, Energie und Klarheit eingebracht. Sie erreicht die Mannschaft, entwickelt junge Spieler weiter und scheut sich auch in kritischen Phasen nicht vor Verantwortung. Sie übernimmt diese ganz bewusst und hat in den erfolgreichen, wie weniger erfolgreichen Phasen wertvolle Erfahrungen sammeln können. Gemeinsam mit Ivo Grlic, dem Trainerteam und der Sportlichen Leitung insgesamt steuert sie unseren Weg voller Überzeugung mit. Die Veränderungen im Trainerumfeld sind Teil einer dynamischen Anpassung. Wir haben das Trainerteam aus unserer Sicht sinnvoll verkleinert und umgestaltet – auch unter Berücksichtigung des finanziellen Aspekts.
fci.de: Neben der sportlichen Struktur steht auch die wirtschaftliche Situation im Fokus. Wie begegnet ihr dieser?
Beiersdorfer: Offen und konsequent. Wir arbeiten fortwährend intensiv daran, unsere Kostenstruktur den Gegebenheiten der 3. Liga und der während der Erst- und Zweitligazeiten gewachsenen Bedingungen anzupassen. Und das nicht nur im sportlichen Bereich, sondern in allen Bereichen unseres Klubs. Das bedeutet, dass wir den Verein strukturell verschlanken, ohne die Qualität aus dem Blick zu verlieren. Im Gegenteil: Uns noch mehr mit den elementaren Aufgaben und Herausforderungen beschäftigen. Es ist enorm wichtig und notwendig, in einem herausfordernden Marktumfeld in deinem wichtigsten Kernprozess – bestehend aus Recruiting, Ausbildung, Entwicklung, Integration, Leistung der Profimannschaft – handlungsfähig zu bleiben. Nur so können wir unserer Mission nachkommen, uns auf den Leistungssport Fußball und die Verantwortung in und für unsere Region zu fokussieren.
fci.de: Inwiefern ist dabei das Umfeld des Vereins von Bedeutung?
Beiersdorfer: Unser Umfeld ist elementar. Die Unterstützung unserer Fans, Mitglieder, Partner und Sponsoren war in der vergangenen Spielzeit – trotz eines für uns alle enttäuschenden Saisonendspurts – bemerkenswert. Auch unsere soziale Verantwortung leben wir weiterhin mit Überzeugung und Hingabe – insbesondere über unsere Initiative ‚SchanzenGeber‘, die weit über die Stadt hinaus große Anerkennung findet. Wir wollen nahbar bleiben, greifbar, verbindlich. Der FCI ist ein großartiger Klub, der Verantwortung übernimmt und einen festen Platz in der Region hat.
fci.de: Welche Ziele setzt ihr euch für die anstehende Saison?
Beiersdorfer: Wir gehen davon aus, dass wir eine dynamische, intensive und hochmotivierte Mannschaft mit viel Potential auf den Platz bekommen. Der ein oder andere Neuzugang wird noch zu uns stoßen und uns verstärken, stabilisieren bzw. uns vielseitiger werden lassen. Wir wollen sportlich ambitioniert eine relevante Rolle in der Liga spielen, ohne dass wir das an bestimmten Tabellenplätzen festmachen. Für uns ist entscheidend, dass ein Lern- und Leistungsentwicklungsprozess sichtbar wird. Sabrina Wittmann, ihr Trainerteam, Ivo Grlic, die Mannschaft und ich – wir alle wollen Fortschritte erkennen, Leistungen stabilisieren und die Chance auf durchtragenden Erfolg zu erhöhen. Es geht nicht um Momentaufnahmen, sondern um eine strukturell und sportlich kontinuierliche wie nachhaltige Entwicklung in einer Phase der Konsolidierung – für unseren Klub, unsere Mitarbeiter, unsere Fans, unsere Partner und für unsere Region.
fci.de: Vielen Dank für das Gespräch!
