''Anspruch, den wir an uns haben'': Geschäftsführer Dietmar Beiersdorfer im Interview

Seit November 2021 beim FCI im Amt: Geschäftsführer Dietmar Beiersdorfer (Foto: Bösl/KBUMM)

''Anspruch, den wir an uns haben'': Geschäftsführer Dietmar Beiersdorfer im Interview

Mit dem 3:0-Sieg gegen die SpVgg Unterhaching kamen die Schanzer optimal aus der Länderspielpause, ehe es für den FC Ingolstadt 04 nun in die letzte Englische Woche der Saison geht. Denn nach dem Freitagabendspiel (05.04., 19:00 Uhr) gegen Bielefeld wartet am Dienstag (09.04., 18:30 Uhr) bereits das wichtige Toto-Pokalhalbfinale beim FV Illertissen. Geschäftsführer Dietmar Beiersdorfer äußerte sich im Interview bei uns unter anderem zum bisherigen Saisonverlauf, der starken Unterstützung der Fans und die Nachwuchsarbeit im Verein.

fci.de: Die letzte Länderspielpause der Saison ist Geschichte, mit dem vergangenen Wochenende und dem Duell bei der SpVgg Unterhaching bog die aktuelle Drittliga-Saison auf die Zielgerade ein. Nach 31 absolvierten Partien stehen wir bei 44 Punkten, wie hast du die bisherige Saison erlebt?
Beiersdorfer: Natürlich sind wir mit unserer Tabellensituation, aufgrund unserer Punktausbeute, überhaupt nicht zufrieden. Man darf grundsätzlich schon jetzt resümieren, dass wir bis zum jetzigen Zeitpunkt zu wechselhaft in unseren Auftritten und Ergebnissen waren, nicht einmal auf einzelne Spiele bezogen, sondern mehr auf längere Phasen gesehen. Aber der Reihe nach: Nach einem großen Umbruch im Sommer hat die Mannschaft Zeit benötigt, sich zu finden und sich an die neuen Abläufe zu gewöhnen, um ins Rollen zu kommen. Nach dieser Phase hat uns unsere Mannschaft großen Anlass dazu gegeben, daran zu glauben, dass wir eine sehr gute Saison spielen und auch bis zum Ende vorne dranbleiben werden. Denn in dieser Zeit haben wir mannschaftlich geschlossene, leidenschaftliche und überzeugende Auftritte gezeigt und mit überwiegend sehr gutem Fußball, vor allem in den Heimspielen, unsere Zuschauer begeistert. Mit einem kleinen Rückstand auf die ersten drei Plätze waren wir auf Kurs und sind so in die kurze Winterpause gegangen.

fci.de: Wie verlief dann der Start ins Jahr 2024 und der weitere Verlauf bis heute?
Beiersdorfer: Der Start ins neue Jahr, festgemacht an unserem Auswärtsspiel in Halle, ging gründlich daneben, was der Mannschaft auch in den nächsten Spielen noch anzumerken war und sich vermehrt in individuellen Fehlern und taktischen Fehlleistungen niederschlug. Daraufhin folgte wieder ein geschlossener und konzentriertr Auftritt in Saarbrücken sowie eine Klasseleistung im Audi Sportpark gegen Dynamo Dresden, die nicht wenige unserer Fans und Zuschauer als das beste FCI-Spiel der letzten Jahre ansahen. Daraufhin gab es allerdings wieder einen Leistungs- und Ergebniseinbruch, bei dem insbesondere die völlig unnötig verlorenen Begegnungen zu Hause gegen den SC Freiburg II, Viktoria Köln oder den SC Verl sehr geschmerzt haben. Durch diese Niederlagen und der damit verlorene Anschluss nach oben fühlten sich daraufhin eigentliche 'Auswärtserfolge', wie die beiden Unentschieden bei den aktuellen Spitzenteams SSV Ulm und Jahn Regensburg oder am letzten Samstag der Sieg bei der heimstarken SpVgg Unterhaching schwerlich nach gewonnenen Punkten an.

fci.de: Kannst du dir erklären, warum es in diesem Jahr nicht so läuft, wie es zum Ende des Vorjahres der Fall war?
Beiersdorfer: Es ist nicht elementar, doch häufig ist es sehr wichtig, gut in eine Runde zu starten. Das ist der Fall, wenn man beispielsweise die erste Partie nach der Winterpause für sich entscheidet. Wir waren in Halle nicht präsent, haben schlecht gespielt, waren dort und auch in der Folge natürlich von dem Ausfall unseres bis dato perfekt harmonierenden Sturm-Duos Paco Testroet und Jannik Mause betroffen und haben letztendlich verdient mit 1:3 verloren. Grundsätzlich haben wir über die laufende Saison gesehen zu viele Gegentore bekommen, um nachhaltig dem Anspruch gerecht zu werden, aktuell ein Spitzenteam zu sein. Das kann man in Phasen immer wieder mal kompensieren, doch ist diese Liga leistungsmäßig so unglaublich ausgeglichen, dass es einem auf Distanz zu viel Energie kostet, immer wieder dagegen anzugehen. Übergeordnet muss man wohl sagen, dass wir immer noch daran arbeiten, eine klare Identität – bezogen auf die taktische Ausrichtung, unsere Defensiv- bzw. Offensiv-Balance sowie die personelle Stabilität – zu verfestigen.

fci.de: Jenem Testroet gelang am Wochenende bei seinem Comeback das wichtige 1:0 in Unterhaching, wo uns wieder zahlreiche Fans begleiteten. Auch beim letzten Auswärtsspiel, dem 1:1 im Donau-Derby in Regensburg, unterstützen uns etliche Schanzer lautstark vor Ort. Wie hast du den Support der Anhänger wahrgenommen?
Beiersdorfer: Die Unterstützung der Fans war klasse und hat bei uns allen mächtig Eindruck hinterlassen. Auch die Leidenschaft, Kreativität und Hingabe unserer Fans im Hinblick auf die Gestaltung ihrer Choreographien waren außergewöhnlich. Darüber hinaus war diese Geschlossenheit im Block – gemeinsam hinter der Mannschaft zu stehen und sie nach vorne zu peitschen – richtig gut. Unsere Spieler, die in Regensburg nicht auf dem Platz mitwirkten, konnten im Rahmen der Audi Schanzer Inklusionsfahrt die Fankultur unseres FCI hautnah im Block erleben und haben nur Positives berichtet.

fci.de: Du hast die Audi Schanzer Inklusionsfahrt angesprochen, die zum insgesamt zweiten Mal stattgefunden hat und sich in eine Reihe an vielen sozialen Projekten unserer Dachmarke 'Schanzengeber' einreiht. Wie wichtig ist es, als Fußballverein auch seiner sozialen Verantwortung gerecht zu werden?
Beiersdorfer: Extrem wichtig, daher genießt das soziale Engagement bei uns einen außerordentlich hohen Stellenwert. Die Tätigkeiten, sich sozial für unsere Stadt und die Menschen in der Region einzusetzen, üben wir in unserem Verein mit einer großen Leidenschaft aus. Wir können auf viele tolle 'SchanzenGeber'-Projekte blicken, die seit Jahren in der Umgebung herzlichst willkommen und über die Region hinaus bekannt sind. Es ist uns ein ehrliches Anliegen, dort wo wir unterstützen können und es auch geschätzt wird, etwas zurückzugeben. Da denke ich beispielsweise an die Begeisterung und die Liebe unseren Verein zu repräsentieren - an unsere Inklusionsmannschaft 'Elf Freunde' oder an unsere Blindenfußballer. Diese Themen erfüllen uns mit Stolz und sind zu einem wichtigen Teil unserer Identität geworden.

fci.de: Zurück zur Profimannschaft: Im Sommer gab es einen großen Kaderumbruch, der natürlich auch immer eine gewisse Zeit benötigt. Wie zufrieden seid ihr mit der Entwicklung der Mannschaft?
Beiersdorfer: Trotz einiger enttäuschender Ergebnisse der letzten Wochen sind wir überzeugt, dass wir uns auf dem richtigen Weg befinden. Unsere Mannschaft hat dies in einigen Spielen auch gezeigt – sowohl im Hinblick auf die sportliche wie die mentale Performance. Die Mischung in unserem aktuellen Kader aus erfahrenen und talentierten, entwicklungsfähigen Spielern ist gut: Wir haben Spieler, die sich mit ihrer Mannschaft und ihrem Verein identifizieren, Spieler, die Verantwortung übernehmen. Daher wird es im Sommer punktuelle Anpassungen im Kader geben, aber keinen Umbruch. Dass wir das in einigen Partien auch nicht gezeigt haben bzw. wir für unsere Ambitionen zu häufig kollektiv und auch individuell unter unserem Leistungsniveau geblieben sind, wissen wir. Und hier setzen wir auch an: Ivo und ich sitzen mit Michael oft zusammen und diskutieren leidenschaftlich über die Dinge, die wir verbessern, anpassen oder verändern müssen. Alles kommt zur Sprache, ohne Ausnahme und mit Konsequenz. Analyse, Ausblick und Planung ist wichtig. Wichtig ist aber auch, dass wir in den verbleibenden Spielen stabil die Leistung und Einstellung auf den Platz bringen, die wir zu leisten im Stande sind – kein Aufschieben und Ausklingenlassen der Saison. Jeden Tag und jedes Spiel müssen wir nutzen, um uns zu zeigen und noch alles aus uns sowie aus der Saison herauszuholen. Jeder ist gefordert, jeder muss sich beweisen. Dies gilt für unsere Leistungskultur, genauso wie für unseren Anspruch, aus Fehlern zu lernen.

fci.de: Auch Jannik Mause kam im Sommer zu den Schanzern und hat mit seinen 17 Toren bereits mehr Treffer als in der Vorsaison in der Regionalliga erzielt. Kein anderer Akteur netzte in dieser Spielzeit häufiger in der 3. Liga…
Beiersdorfer: Wie einige weitere Spieler haben wir Jannik im Sommer aus der Regionalliga verpflichtet. Bei uns ist er anschließend – natürlich auch im Zusammenspiel mit seinen Sturmpartnern und den weiteren Vorlagengebern – richtig durchgestartet. Jannik bringt viele unterschiedliche Anlagen mit sich, die ihn nur schwer ausrechenbar machen: Er kann den Ball festmachen, verfügt über eine gute Schnelligkeit, ist auch kopfballstark. Zudem verfügt er über eine hohe Spielintelligenz, ein schlaues Zweikampfverhalten und ist durch seine häufigen Tiefenläufe in den Strafraum immer gefährlich. Nicht umsonst hat er schon so viele Treffer erzielt und führt aktuell die Torschützenliste in der 3. Liga an, auch wenn er im Moment, aufgrund einiger kleinerer Blessuren, nicht an seine Quote aus dem vergangenen Herbst herankommt.

fci.de: Neben dem Liga-Alltag sind wir auch noch im Toto-Pokal vertreten, wo es nächste Woche im Halbfinale zum FV Illertissen geht – einen alten Bekannten aus der Vorsaison. Wie wichtig wird das Duell beim Regionalligisten?
Beiersdorfer:
Da es in dem Wettbewerb um die Teilnahme am DFB-Pokal geht, ist die Partie natürlich sowohl sportlich wie auch wirtschaftlich ungemein wichtig für uns. Wir werden auf das Duell in Illertissen einen großen Fokus legen und haben aus dem vergangenen Jahr noch einiges gut zu machen. Der Stachel sitzt noch immer tief, weshalb wir dort unbedingt ins Finale einziehen wollen. Das ist der Anspruch, den wir an uns haben.

fci.de: In der vorangegangenen Runde gegen Türkgücü München ist Ognjen Drakulic zum jüngsten Schanzer Torschützen in einem Pflichtspiel avanciert. Der Offensivakteur durfte bereits zuvor im Duell beim SSV Ulm erstmals Drittliga-Luft schnuppern. Mit dem damals erst 16-jährigen Deniz Zeitler feierte im November gegen Rot-Weiss Essen ein weiterer Jungschanzer sein Profi-Debüt und erzielte jüngst beim 2:0-Testspielsieg über den 1. FC Nürnberg ebenfalls sein erstes Tor. Die logische Konsequenz der Arbeit, die im NLZ geleistet wird?
Beiersdorfer: Auf jeden Fall, ja. Wir legen dort großen Wert auf die Ausbildung von Spielern, die vor allem über eine starke technische Grundlage, Spielverständnis sowie eine sehr gute Einstellung zum Spiel bzw. eine hohe Intensität haben. Zudem verfügt unsere U19 in dieser Saison über einen Kader mit einer hohen Leistungsdichte und einem außergewöhnlichen Team-Zusammenhalt unter der Leitung von Sabrina Wittmann und ihrem Trainer- und Betreuerteam. In der U19-Bundesliga auf dem zweiten Platz zu stehen, ist eine tolle Leistung. Auch unsere U21 ist im Moment auf einem guten Kurs, nachdem die jungen Spieler sich erfahrungsgemäß in der Hinrunde erst an die hohe Körperlichkeit im Herrenfußball gewöhnen mussten. Einige Jungschanzer zeigen bereits, dass sie den Sprung schaffen können. Ognjen und Deniz stehen aktuell sinnbildlich dafür. Diese Durchlässigkeit ist für uns sehr bedeutsam und strategisch für die Entwicklung unseres Klubs sehr wichtig: Denn wenn ein Spieler bei uns ausgebildet wird, trägt er die DNA des FCI in sich und lebt unsere Werte. Unter anderem deshalb wollen wir unseren Nachwuchs auf dem höchsten Niveau fördern, ihn in die erste Mannschaft integrieren, unserem Kader stetig Schanzer Identität zuführen, sie festigen und nach innen sowie außen weitertragen.

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